Hochzeitsreise

Warum ich seit Wochen nicht mit meiner Tochter rede?

Sie fing eines Tages unvermittelt davon an, als wir zufällig mal alle zusammen saßen, dass sie ja eh nur im Ausland heiraten würde. Ich schlug spontan vor, mir den jungen Mann doch einmal vorzustellen, der seit längerem in ihrem Zimmer zu wohnen schien.
Meine, seit etlichen Jahrzehnen Angetraute hatte nicht zugehört. Sie schien anderen Gedanken nachzuhängen.
„Frau, was sagst du zu den lotterhaften Verhältnissen in unserem Haus?“
Sie verdrehte die Augen und seufzte: „Ich möchte auf einer einsamen Insel heiraten“.

Bei allem, was ihre Idee für mich hätte irgendwie reizvoll erscheinen lassen können, hatte ich überhaupt keine Lust, jeden Abend alleine Zuhause zu sitzen und brachte mich schleunigst zurück in Erinnerung: „Wer auch immer der Neue sein mag, hast du ihm gesagt, dass du bereits mit mir verheiratet bist?“
Meine Frau meinte nur: „Dummkopf! Wovon rede ich seit Monaten?“
„Garage aufräumen?“ Fragte ich.
„Silberhochzeit“ rief sie. „Nächstes Jahr sind wir 25 Jahre verheiratet. Man könnte sich doch noch einmal richtig trauen lassen.“

Ungeachtet dessen, dass es wirklich nett gewesen wäre, wenn mir in der langen Zeit jemand gesagt hätte, dass wir gar nicht richtig verheiratet waren, wusste ich wirklich nicht so recht, was ich darauf hätte antworten können. Und so beließ ich es bei einem zugegeben nicht sehr intelligenten „…äh“ und einem verstörten Blick.

Hochzeitsreise, Flitterwochen, Heiraten im Ausland, Treueschwur erneuern

Meine Frau fing an aufzuzählen, was es alles für Möglichkeiten gäbe für Ehepaare, ihre Liebe neu aufzufrischen, ihren Treueschwur zu erneuern:
„Der Kapitän eines Traumschiffs könnte uns trauen. Oder, auf den Bahamas, nur der exotische Sternenhimmel als Trauzeuge!“
Es gäbe tolle Hochzeitsarrangements mit Allinclusive. Da würde man mit einer Stretchlimousine vom Luxushotel zu einer kleinen, weißen Kapelle gefahren.
„Oder auf Sri Lanka mit einem echten Guru und Elefanten am Strand“. Sie seufzte lang und anhaltend.
„Das können wir leider nicht machen“, sagte ich mit traurigem Dackelblick. „Deinen Eltern würde es das Herz brechen, wenn sie nicht dabei sein können.“
„Die nehmen wir mit“, jubelte meine Frau nach kurzem Zögern. „Die kommen einfach mit.“

Seitdem rede ich nicht mehr mit meiner Tochter.

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