das Auge isst mit

gutbürgerliche Möhreneintopf mit Frikadelle

…was ist drin? Muttern weiß es!

Suess-sauer-scharfWenn Essen uns sehen könnte, wie wir uns erwartungsvoll über den Teller beugen, würden wir vielleicht auch nicht unbedingt ästhetischen Ansprüchen genügen. Dabei würden wir manches Mal vermutlich genauso falsch eingeschätzt werden, wie wir eine Speise einschätzen, die nicht unbedingt malerisch daherkommt, die nicht auf dem Teller aussieht, wie ein Gemälde.

Wie bei Muttern

Nehmen wir nur einmal Labskaus. Wer könnte sich vorstellen, dass dieses Konglomerat von Zutaten schmeckt? Essen „von Muttern“ sieht auch nicht unbedingt gut aus, lässt allerdings alleine beim dran Denken schon den Mund unter Wasser setzen. Zum Beispiel wurde mir in einem Münchner Biergartenrestaurant ein Szegediner Gulasch mit Kartoffelstampf und Röstzwiebeln serviert, was so göttlich lecker war, dass ich gar nicht wissen wollte, was drin war.

Szegeninder Rindsgulasch mit Kartoffelstampf und Röstzwiebeln

Szegeninder Rindsgulasch mit Kartoffelstampf und Röstzwiebeln

Und genau das ist das Problem bei den meisten Menschen. Wenn die sagen „das Auge isst mit“, dann meinen die eher ein Misstrauen gegenüber den Zutaten. Bei asiatischen Speisen ist es leicht zu erkennen. Die Komponenten eines kompletten Essens werden in einzelnen Schalen serviert, sind selten verkocht und fast immer noch, von ihrem Ausgangsprodukt her zu identifizieren.

Aber Gulasch in Sauerkraut muss köcheln. Lange! Besonders, wenn es sich um Rindfleisch handelt. Und roter Paprika, als Farbtupfer im Sauerkraut passt auch nicht unbedingt. Zwiebeln, die nicht braun sind, die man nicht ein wenig karamellisiert hat, die sind roh und hart. Dann kann man vielleicht noch die Struktur der Zwiebelringe erkennen, aber es passt nicht. Und es schmeckt nicht.

Andere Länder, andere Speisen

Das Original wird aus Schweinefleisch gemacht, was dann farblich und strukturell anders aussieht. Ein wohl drapiertes Lorbeerblatt und ein paar Wacholderbeeren oben drauf drapiert, auf dem hellgelben Püree ein feiner Staub von Muskat und schon hat das Auge etwas zum Mitessen. Aber schmecken tut es eben bei Muttern anders. Besser!
Dafür sieht es allerdings auch nach Muttern aus. Und wer würde seiner Mutter nicht vertrauen, dass diese ausschließlich hervorragende Zutaten benutzt? Bei fremden Köchen sieht das anders aus. Das Essen im Restaurant bringt auch noch jemand, der nicht an der Zubereitung beteiligt gewesen ist. Und der hat es in einer kleinen Durchreiche in einer Wand in Empfang genommen, hinter der sich wer weiß was abspielen könnte.

Photofood

FotofoodDer Autor der Beiträge hier ist Fotograf und Retuscheur. Wie bei Modeaufnahmen, wo das Kleid mit Wäscheklammern und Sicherheitsnadeln für das Fotoshooting am Rücken des Modells provisorisch befestigt wird, werden bei Food Aufnahmen die Speisen auch nur mit ‚Statisten‘ als Zutaten besetzt. Was Makeup und Beleuchtung bei Modeaufnahmen nicht schaffen, das wird anschließend retuschiert. Genauso ist es bei den hier vorgestellten Aufnahmen, die alle durchweg essbar sind und ganz ehrlich mit natürlichen Zutaten zubereitet worden sind. Nicht, wie bei einem Fotostudio für Food Fotografie, wo mit rohen Zutaten, Dummies und Glyzerin gearbeitet wird. Allerhöchstens werden bei den Aufnahmen hier Soßenflecken vom Tellerand weg retuschiert oder die eine oder andere verkochte Zutat etwas farblich hervorgerufen.
Alles hier ist warm, wurde nach dem Foto anschließend genüßlich verspeist und hat ganz hervorragend geschmeckt. Die Rezepte stammen überwiegend von Profiköchen, die mir Zutaten, Reihenfolgen, Kochzeiten, Gewürze und Vorschläge fürs Anrichten verraten haben.

Büffet

Büfett Schüsseln auf der MS DOURODa steht man nun vor den beheizten Chromaganschüsseln und sieht durch den Dampf hindurch etwas, was sicherlich noch viel besser ausgesehen haben muss, als es frisch aus der Pfanne in der Küche gekommen ist. Manches verändert sich im Aussehen nur unbedeutend. Geschmackliche Veränderungen sind wieder etwas anderes. Aber Köche wissen genau, was sich für Büffets eignet und welche Speisen als Tellergericht sofort serviert werden müssen.

Was tut man also, wenn man der Küche vom Ergebnis her nicht so recht traut? Man wirft einen Blick hinein, in die Küche. Möglichst dann, wenn das Kochen vorbereitet wird, also bevor das Restaurant geöffnet ist. Etwas, was in manchen Ländern übrigens in kleineren restaurants selbstverständlich ist. Und bei Muttern sowieso. Kaum ist man aus der Schule nach Hause gekommen, führt einen der Weg in die Küche, wird der Topfdeckel mit der Frage „was gibts denn heute“ hochgehoben, und es läuft einem sofort das Wasser im Mund zusammen.

Küchen Visite

Küchenvisite auf der MS DOURO

Koch in der Schiffsküche der MS DOURO

Ich pflege mich, in Hotels und auch in Restaurants als ambitionierter Hobbykoch auszugeben, der ein paar Eindrücke, besonders fremdländischer Küche mit nach Hause nehmen möchte. Meist überbringt der Kellner oder der Concierge mir die Nachricht vom Küchenchef, dass er einverstanden ist. Hygienevorschriften einzuhalten, selbstverständlich vorausgesetzt, darf ich dann mal einen etwas längeren Blick in Profiküchen werfen. Es wird mir nicht alles gezeigt. Geheime Zutaten bleiben geheim. Aber fachliche Fragen begeistern den Fachmann und die Fachfrau und werden gerne beantwortet und gezeigt.
In besonders hartnäckigen Fällen lässt man nach dem Essen aus der Bar etwas in die Küche bringen. Wenn dann der Koch an den Tisch kommt, um sich zu bedanken, ist der Bann gebrochen und man kann seine Bitte persönlich vorbringen, einen Blick ins Allerheiligste zu werfen.

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